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Fremdgehen

Viele Menschen sind der Ansicht, dass Fremdgehen ein Zeichen von Charakterschwäche und unverzeihlich ist. Es ist nicht zu leugnen, dass dabei meistens beiden Partner*innen enormer Schmerz zugefügt wird. Nach einer Studie von Calgary würden 40 % der Männer und Frauen ihre*n Partner*in betrügen, hingegen glauben nur 5 %, dass Sie ihr*e Partner*in betrügen könnten. Diese Studie macht deutlich, dass der gesellschaftliche Blick auf Affären getrübt und realitätsfern ist.

"Affären sind normal. Wir brauchen ein neues Verständnis, komplexer und emphatischer und weniger urteilend."
-Ester Perel

Die renommierte Paartherapeutin Ester Perel (USA) beschäftigt sich intensiv mit dem Thema des Fremdgehens. Sie betont, dass Fremdgehen immer in einem Kontext gesehen werden muss. Nicht jede von außen harmonisch erscheinende Beziehung ist so erfüllend wie sie scheint. Die Gründe, welche Menschen dazu bewegen fremdzugehen sind vielfältig. Nicht selten berichten Fremdgeher*innen von eingefahrenen Beziehungsmustern, wie Überanpassung, Lügengebäude, von emotionaler Distanz oder Unerreichbarkeit der Partner*in. Schuldzuweisungen sind dabei wenig hilfreich. Perel berichtet auch, dass eine Affäre zwar schmerzhaft ist, aber auch eine enorme Chance für Paare sein kann, diese alten Beziehungsmuster zu durchbrechen und gemeinsam etwas Neues anzufangen.

Viele glauben, mit einer Affäre beginne das Verschweigen und Verstellen. Die Erfahrung von Paartherapeut*innen ist: Meist fängt beides schon viel früher an.

Wichtig zu verstehen ist, welche Prozesse dazu geführt haben, dass sich Partner*innen an jemand anderen wandten und auch, was die eigenen Anteile dabei waren bzw. sind. Gelingt es, sich mit dem zugefügten Schmerz und auch mit dem eigenen Anteil daran auseinanderzusetzen, können Dinge zurückgelassen werden, die schon lange nicht mehr gut waren.

Wenn beide Partner*innen dazu bereit sind, kann eine Paartherapie eine Unterstützung für den Prozess des "Neubeginns" und der Aufarbeitung des Fremdgehens sein.