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Transgenerationale Trauma - Das weitergegebene Trauma

Manchmal wirken erlebte Traumata bis in die nächsten Generationen fort. Es zeigen sich dann von der Grossmutter bis zum Enkel ähnliche Verhaltensmuster. Sie zu durchbrechen ist nicht einfach.

Der Begriff Trauma wird heutzutage leider inflationär benutzt. Im psychotherapeutischen Kontext verstehen wir darunter, dass außergewöhnlich bedrohliche Situationen, zum Beispiel Opfer oder Zeuge von Gewalttaten zu sein, Miterleben von Terror oder Naturkatastrophen die Bewältigungsmöglichkeiten eines Menschen übersteigen. Aus dieser Diskrepanz können später Probleme oder sogar eine Krankheit entstehen.
Trauma Experten beschreiben dieses Erleben als eine komplizierte Wundheilung, bei der die Wunde äußerlich scheinbar abheilt, sich darunter jedoch ein schwerer Abszess gebildet hat.

Wenn also das Erleben eines solchen Ereignisses langfristige Spuren hinterlässt, vielleicht sogar die Persönlichkeit sich verändert, wenn das Opfer über die Traumatisierung schweigt und das Erlebte vielleicht sogar aus dem Bewusstsein abgespalten wird, nur dann kann es zur transgenerationalen - unbewussten Weitergabe kommen. Dabei spielt die Schwere des Trauma eine geringe Rolle. Wichtiger ist es, wie diese Person das Trauma erlebt und dieses verarbeitet.

Als Betroffene kann man den Bann brechen, wenn man es schafft über dieses traumatische Geschehen zu sprechen. Entweder mit der Familie oder Freunden oder im Rahmen einer Psychotherapie. Es ist ein Trugschluss, das Schweigen die nächste Generation schützt. Das Gegenteil ist üblicherweise de Fall. Von den Kindern werden die Reaktionen der Eltern in Worten, Klang der Stimme und Körpersprache als das „Normale" angesehen und nicht als eine besondere Reaktion auf erlebte belastende Situationen.
Erst im Kontakt mit Gleichaltrigen in Kindergarten oder Schule werden diese Kinder dann dadurch verwirrt, dass ihre Altersgenossen in bestimmten Situationen ganz anders reagieren als sie selbst. Beispielsweise reagieren Kinder auf Kritik oder Frustration einer erwachsenen Person mit großer Angst oder sich- verstecken. Es fehlt diesen Kindern also das Wissen um das „Normale", das heisst dass für ihr Alter, ihren gesellschaftlichen, historischen und kulturellen Hintergrund „Normale".

Solche geerbten Symptome sind sehr individuell und können denen der Eltern ähneln. Das wesentliche Problem ist üblicherweise, dass die Betroffenen der zweiten Generation vom Erleben der der ersten Generation und ihrer transgenerationalen Traumatisierung nichts wissen. Über das „Schlimme" wird ja nicht gesprochen. Die Personen der zweiten Generation fühlen sich aber irgendwie komisch oder leer oder leiden unter Ängsten, Schlaflosigkeit oder nicht erklärbaren Körperbeschwerden. Besonders sichtbar macht diese transgenerationale Weitergabe die Bindungsforschung. Ab dem ersten Lebenstag treten Mutter und Kind eine soziale Interaktion, die üblicherweise zu einer sicheren Bindung und zu einem Urvertrauen führt. Mütterliche Ängste oder Erinnerungen an schreckliche Erlebnisse gehen genauso in dem Umgang mit dem Kind ein wie liebevolle Gefühle - so geschieht die Weitergabe der Traumatisierung und wird vom Baby unbewusst aufgenommen. Dabei ist unbedingt zu betonen, dass die Eltern keine Schuld trifft, denn Eltern versuchen immer, das Bestmögliche für ihre Kinder zu tun.